Pandemie erlaubt keinen Freifahrtschein
„Auch in Corona-Zeiten hat sich die Hessische Landesregierung bei der ausnahmsweisen Vergabe von sonntäglichen Ladenöffnungen an Gesetz und Recht zu halten“, erklärt Bernhard Schiederig, Fachbereichsleiter Handel der ver.di Hessen und Aktiver in der „Allianz für den freien Sonntag“: „Wir haben lange geduldig darauf gewartet, dass die angeblich aus der Pandemie ‚geborene‘ Sonderöffnung an Sonntagen dann beendet wird, wenn alle Geschäfte wieder unter fast normalen Bedingungen öffnen dürfen.Doch nichts Erkennbares ist passiert. Während beispielsweise in Rheinland-Pfalz die Corona-Verordnung schon am 7. April widerrufen wurde, weil sich herausgestellt hatte, ‚dass die Versorgung der Bevölkerung nunmehr auch ohne die Öffnung an Sonn- und Feiertagen sichergestellt ist‘. Während also im Nachbarland keine verkaufsoffenen Sonntage mehr stattfinden durften, haben die politisch Verantwortlichen in Hessen dem Einzelhandel weiter ‚in die Karten gespielt‘. Dieser ‚Freifahrtschein‘ muss endlich aus der Corona-Verordnung ersatzlos gestrichen werden!“
Im Auftrag der „Allianz für den Freien Sonntag Hessen“ hat Rechtsanwalt Dr. Friedrich Kühn aus Leipzig deshalb gestern beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Normenkontrollverfahren gegen das Land Hessen gestellt.
Dabei soll die „Gültigkeit einer Rechtsverordnung zur Beschäftigung an Sonntagen“ überprüft werden. In seiner Antragsschrift verweist Dr. Kühn darauf, dass die in Hessen durch die Corona-Verordnung mögliche „Öffnung an mehreren Sonntagen in Folge“ in „besonderem Maße dem Gebot der Sonntagsruhe“ widerspreche. Denn hier werde „der verfassungsrechtlich vorgegebene Wochenrhythmus über einen langen Zeitraum außer Kraft gesetzt“, wodurch „dieser Rhythmus nicht mehr erkennbar ist“. Darüber hinaus setzt er sich in der Klagebegründung insbesondere mit der in § 8 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes vorgegebenen unumgänglichen Bedingung für zusätzliche verkaufsoffene Sonntage auseinander, diese müssten „zur Befriedigung an Sonn- und Feiertagen besonders hervortretender Bedürfnisse in der Bevölkerung erforderlich“ sein. Dabei stellt Dr. Kühn fest, es sei „nicht ersichtlich, inwieweit ein besonderes, über das reguläre Einkaufsinteresse hinausgehendes Bedürfnis zum Einkaufen an Sonntagen bestehen“ könne. Doch dies allein reicht schon nach dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts von 2009 als Begründung für verkaufsoffene Sonntage nicht aus. Weitere Informationen: Horst Gobrecht, ver.di Südhessen, Tel.: 0160 901 606 36.