14.07.2017
Steuern
G20 verfehlen eigene Ziele
Stärkere, gemeinsame Anstrengungen beim Kampf gegen internationale Steuerflucht und scheinbar legale Steuervermeidung waren seit ihrer Gründung eines der Hauptziele der G20.
Bis heute gibt es in der Praxis keinen automatischen Informationsaustausch. Bis heute bleiben gerade besonders betroffene Länder, die noch nicht über eine mit westlichen Standards vergleichbare Finanz- und Steuerverwaltung verfügen, vom Zugang zu vielen steuerrelevanten Informationen ausgeschlossen.
Dass auch Deutschland und mehrere seiner EU-Nachbarländer als Steueroasen für ausländisches Kapital gerne zur Verfügung stehen und der politische Wille, hier tatsächlich wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen kaum vorhanden ist, ist leider kein Thema im Wahlkampf. Die Forderung nach einer steuerlichen Entlastung der mittleren Einkommen, die von dem steilen Ansteigen der Progressionskurve im Einkommensteuertarif besonders betroffen sind, ist durchaus verständlich. Ebenso ist der Hinweis, dass nahezu Vollbeschäftigung und hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft seit einigen Jahren zu Steuereinnahmen auf hohem Niveau führen, grundsätzlich richtig.
Zu einer differenzierten Debatte über Steuergerechtigkeit und mögliche Steuerentlastungen gehört aber zwingend auch die Auseinandersetzung mit der steuerlichen Privilegierung internationaler Unternehmen und sehr reicher Privatpersonen, durch die den öffentlichen Haushalten jährlich Steuereinnahmen in Milliardenhöhe entgehen. Der Direktor des internationalen Tax Justice Network, Markus Meinzer schätzt , dass in Deutschland ausländisches Vermögen in der Höhe von 2,5 – 3 Billionen Euro liegt, dessen Erträge nicht mit der hier gültigen Abgeltungssteuer von 25% versteuert werden. Umgekehrt können internationale Unternehmen, die in Deutschland Güter und Dienstleistungen anbieten, Gewinne ins Ausland verschieben, um hier Steuern zu vermeiden.
Die Veröffentlichung der Panama Papers haben das weltweite Ausmaß von Steuerhinterziehung und Steuerflucht noch einmal deutlich gemacht. Der vom Tax Justice Network regelmäßig veröffentlichte Schattenfinanzindex (
https://netzwerk-steuergerechtigkeit.de/schattenfinanzindex-2/) zeigt Deutschland in den TOP Ten der Länder, die durch ihre Gesetzgebung dazu beitragen, dass die Steuergesetze anderer Länder umgangen werden können.
Wie das funktioniert erläutern Markus Meinzer und der investigative Journalist Frederik Obermaier in einem Beitrag des SWR, der in der Mediathek bzw. dem Internetauftritt der Sendung (dauerhaft) angesehen werden.
Das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN unterstützt die Ziele des Netzwerks Steuergerechtigkeit Deutschland.
Der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) im Verband Kirche Wirtschaft Arbeitswelt der EKD (KWA) ist Gründungsmitglied des NWSG und setzt sich ein für ein gerechtes Steuersystem und eine Steuerpraxis, die gewährleistet, dass Privatpersonen und Unternehmen entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben von Bund, Ländern und Kommunen beitragen.
Dr. Brigitte Bertelmann