„Gottes Gebote lehren uns Sensibilität für die Mitgeschöpfe“
„Als ob es inszeniert wäre“, mit diesen Worten reagierte der Speyerer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann schlagfertig auf einen geradezu punktgenauen „Auftritt“ eines Schwarms von Graugänsen im Binger Park am Mäuseturm. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) hatte gerade die rund 300 Gäste des Abschlussgottesdienstes des bundesweiten ökumenischen Tages der Schöpfung der ACK auf dem herrlich gelegenen Gottesdienstgelände vis-à-vis vom Binger Mäuseturm mit den Worten willkommen geheißen: „Liebe Schwestern und Brüder, ich darf sie ganz herzlich begrüßen zum heutigen Gottesdienst zum Tag der Schöpfung ¬– die ganze Schöpfung – Lobpreis Gottes“, als rund ein Dutzend grau gefiederter Zugvögel über die Köpfe der Gottesdienstteilnehmer hinweg zog.Ein ganz besonderer Moment einer Veranstaltung, die nach dem Willen der Organisatoren ganz im Zeichen von Klimaschutz und Ökumene stand. Es war bereits der sechste Tag der Schöpfung, den der 1948 gegründete Zusammenschluss christlicher Kirchen in Deutschland veranstaltet hat. Bingen hatte sich die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen mit Bedacht als Veranstaltungsort ausgesucht, lebte hier doch mit der als Heilige und Kirchenlehrerin verehrten Äbtissin Hildegard von Bingen eine Universalgelehrte ihrer Zeit, die sich in ihren Werken insbesondere mit der Natur auseinandergesetzt hat. Das Motto des Schöpfungstages der ACK war dann auch ein Zitat aus einem Hildegard von Bingen zugeschriebenen Lied „Die ganze Schöpfung -¬ Lobpreis Gottes“.
Die Sorge um und die Bewahrung von der von Gott geschaffenen Natur durchzog deshalb das gesamte Programm dieses Schöpfungstages, der von Bingens Oberbürgermeister Thomas Feser eröffnet wurde. Das Vorbereitungsteam, zu dem u.a. Pfarrer Dr. Hubert Meisinger, vom Mainzer Zentrum für Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN, Dekanatsreferent Marcus Grünewald vom katholischen Dekanat Bingen, Pastor Lothar Peitz von der freikirchlichen Gemeinde Kreuzkirche in Bad Schwalbach, die Diplom-Theologin Marina Kiroudi, orthodoxe Referentin bei der ACK, und der Pfarrer der Binger Evangelischen Johanneskirchengemeinde, Olliver Zobel gehörten, hatte deshalb auch ein vielfältiges Angebot rund um das Thema „Bewahrung der Schöpfung“ zusammengestellt. Der Auftritt der „Wa(h)ren Dorf-Frauen“ aus dem westfälischen Wahrendorf bot feinstes Frauenkabarett u.a. zum Thema „Windräder“ („Energiegipfel: wir sind kurz vorm durchdrehen“) und im Rahmen einer kleinen Umweltmesse präsentierten u.a. kirchliche Initiativen Projekte und Ideen für einen nachhaltigen Lebensstil.
Außerdem wurde von dem Diözesanadministrator des Bistums Mainz, Dietmar Giebelmann, der Umweltpreis des Bistums Mainz 2016 verliehen. Über den ersten Preis des insgesamt mit 5500 Euro dotierten Umweltpreises konnte sich das St. Josephshaus Groß-Zimmern freuen. Die rheinland-pfälzische Umweltministerin, Ulrike Höfken, war zudem extra nach Bingen gekommen, um die Auszeichnung der UN-Dekade „Biologische Vielfalt“ an das Gau-Algesheimer Projekt „Kulturimkerei auf St. Cosmas und Damian“ zu überreichen.
Der ökumenische Abschlussgottesdienst des Schöpfungstages bot dann den Gottesdienstbesuchern, unter denen auch zahlreiche Pfarrerinnen und Pfarrer verschiedener Konfessionen waren, ein beeindruckendes Bild gelebter Ökumene: Neben Bischof Wiesemann und Diözesanadministrator Giebelmann, war extra der Präsident der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau, Volker Jung, aus Darmstadt angereist, außerdem wirkte auch der orthodoxe Erzpriester Radu Constantin Miron, Mitglied des Vorstandes der ACK, Pfarrer Dr. Jörg Bickelhaupt, vom Zentrum Oekumene der EKHN und der EKKW, Pfarrerin Annette Stegmann, Dekanin des Evangelischen Dekanates Ingelheim, Pfarrer Henning Priesel, Dekan des Katholischen Dekanates Bingen, sowie die Theologin Dr. Dorothea Sattler, Professorin für Ökumenische Theologie und Dogmantik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster, mit, die eine eindringliche, die Zuhörer bewegende Predigt hielt und zu bedenken gab: „Gottes Gebote sind eine Lebenshilfe. Sensibilität für die Mitgeschöpfe möchte sie uns lehren ... Die Schöpfungsgeschichte ist eine Geschichte der Gabe von Freiheit – ¬ zum Guten wie zum Bösen“.
Hilke Wiegers, Ev. Dekanat Ingelheim Bildergalerie