Gemeinschaftliche Wohnprojekte als Alternative zum Wohnungsmarkt
Worum geht es?
Regelmäßig gibt es in der Presse Meldungen, dass die Wohnungsmieten wieder gestiegen sind. In Frankfurt haben sich die Angebotsmieten in den letzten 10 Jahren durchschnittlich um mehr als 4 % pro Jahr erhöht. Neben den stark gestiegenen Baukosten und der großen Wohnungsnachfrage sind die hohen Renditeerwartungen kapitalmarktorientierter Investoren eine wichtige Ursache dieser Entwicklung.
Vor diesem Hintergrund finden sich immer mehr Menschen zusammen, die mit gemeinschaftlichen Wohnprojekte eine Alternative dazu schaffen wollen. Diese wollen in einem mittleren Preissegment langfristig stabile Wohnkosten für die dort wohnenden Menschen ermöglichen, aber auch solidarisch miteinander leben. Oft werden in den Projekten modulare Grundrisse genutzt, die sich einfach an unterschiedliche Bedarfe und Lebensphasen anpassen lassen. Gleichzeitig geht es den Wohnprojekten um einen Mehrwert für Quartier und Umwelt. Es gibt zum Beispiel quartiersoffene Gemeinschaftsräume oder -gärten, flächensparende Grundrisse, eine umweltfreundliche, energieeffiziente Bauweise und/oder eine intensive Beteiligung an Quartiersaktivitäten.
Ein praktisches Beispiel – Wohnprojekt Kolle
Ein Beispiel für gemeinschaftliches Wohnen ist das Wohnprojekt Kolle in Frankfurt, das gerade den Zukunftspreis des Großen Frankfurter Bogens gewonnen hat. Kolle hat sich erfolgreich auf eine Konzeptausschreibung der Stadt Frankfurt für ein kommunales Grundstück beworben hat. Entstehen soll Wohnraum für 42 Menschen, davon für 24 Menschen mit der Wohnungsbauförderung des Landes, die besonders günstige Mieten ermöglicht. Das Erdgeschoss des Hauses mit rund 350 m2 Fläche soll gemeinsam mit den Menschen aus dem Quartier genutzt werden. Dort entstehen u.a. ein großer Gemeinschaftsraum, Beratungsräume, Kreativräume und Co-Working- Angebote.
Der Spatenstich für das Wohnprojekt wird am 23. April 2023 stattfinden – und das trotz gestiegener Baukosten und Kreditzinsen. Deshalb benötigt das Wohnprojekt weiterhin Direktkredite, um die Mietpreise stabil zu halten.
Die Eigentumsfrage
Für Wohnprojekte gibt es unterschiedliche Organisationsmodelle – von der Baugruppe über Genossenschaften bis hin zum „Mietshäuser-Syndikat“. Bei den letzteren beiden handelt es sich um kollektives Wohneigentum, das der Spekulation auf dem Wohnungsmarkt und einer möglichen Umwandlung in Eigentumswohnungen entzogen ist. Auch wenn in den letzten Jahren bereits einige Erfahrungen mit der Organisation kollektiven, gemeinwohlorientierten Wohneigentums gesammelt wurden, ist die Umsetzung oft komplex. Deshalb haben sich vielfältige Akteure im „Netzwerk Immovilien“ zusammengeschlossen, um voneinander zu lernen, aber auch eine gebündelte Stimme in den gesellschaftlichen Diskurs zum bezahlbaren Wohnen einzubringen. Darüber hinaus gibt es in Hessen und auch in mehreren Großstädten Beratungsstellen, die gemeinschaftliche Wohnprojekte unterstützen.
Ausblick
Gemeinschaftliche Hausprojekte sind ein kleiner, aber doch wichtiger Beitrag für ein langfristig bezahlbares Wohnen. Und gleichzeitig tragen sie zu gemischten und belebten Quartieren bei. Durch eine Konzeptausschreibung nicht mehr benötigter kirchlicher Grundstücke für derartige Projekte können auch Kirchengemeinden dazu beitragen. Übrigens nicht nur in den Großstädten!
von: Stefan Heinig, Referat Stadt- und Landentwicklung des ZGV
Weiterführende Links
Landesberatungsstelle Gemeinschaftliches Wohnen: https://wohnprojekte-hessen.de/startseite/
Wohnprojekt Kolle: https://kolle-frankfurt.de/
Mietshäuser-Syndikat: https://www.syndikat.org/
Netzwerk Immovilien: https://www.netzwerk-immovielien.de/