01.03.2018
Jugendpolitische Bildung
Regeln für ein faires Netz
Im Zentrum des dritten Jugend- und Netzpolitischen Forums vom 23. bis 24. Februar 2018 in Frankfurt stand die Entwicklung von Regeln für ein faires Netz.
Diskutiert wurden folgende Fragen: Welche Themen gehören auf die digitale Agenda für eine jugendgerechte Gesellschaft? Kann es faire Technikproduktion, fairen Datenhandel und ein faires Urheberrecht geben?
Die Teilnehmenden aus der Kinder- und Jugendarbeit konnten darüber hinaus an den beiden Tagen netzpolitische Verbündete finden, Methoden für die Medienbildung austauschen und sich mit anderen für Digitalcourage und Hope Speech einsetzen.
Workshops zu Big Data, Urheberrecht, Hardware und Engagement mit Daten
Einen spielerischen Einstieg zum Thema fairer Umgang mit Daten bot das Spiel „
Big Up 4 Big Data“, das die Medienfachberaterin Katharina Gmeinwieser vorstellte. In weiteren Workshops ging es um faire Hardware, faires Sharing und Fair Play. Mit dabei: Susanne Jordan mit der „fairen Maus“ von
Nager IT, John Weitzmann (
Wikimedia & Creative Commons Board Deutschland) und Moritz Neujeffski (
Datenschule der Open Knowledge Foundation).
Der YouTuber Mirko Drotschmann (aka
MrWissen2Go) diskutierte mit den Teilnehmer*innen, welche Verantwortung mit Reichweite einhergeht. Nach seinen Erfahrungen müsse die Analyse von Daten nicht automatisch schlecht sein. Auf diese Weise könnten YouTuber zum Beispiel sehr genau sehen, welche Inhalte bei welcher Zielgruppe ankommen oder an welcher Stelle ein Video abgebrochen oder zurückgespult wurde. So könnten gerade Bildungsinhalte noch besser aufbereitet werden.
In der Abschlussdiskussion des Forums traten Ingo Dachwitz (
netzpolitik.org) und Markus Drenger (Sprecher der LAG Medien und Netzpolitik Hessen Bündnis ’90/Die Grünen) vehement dafür ein, das Thema Urheberrechte in die Kinder- und Jugendarbeit einzubringen. Die
Medienwissenschaftlerin Anna Grebe (BDKJ) forderte Allianzen zwischen kirchlicher und außerkirchlicher Jugendarbeit und Stephan Groschwitz (Sachverständiger für den 15. Kinder- und Jugendbericht) will Jugendliche dabei unterstützt wissen, Jugend auch im digitalen Raum zu leben.
Forderungen des Jugend- und Netzpolitischen Forums
Digitale Mündigkeit: Daten verstehen und nutzen
#FreiraumNetz18: Jugendarbeit und –bildung sind gefordert, Methoden und Konzepte zu entwickeln, durch die Jugendliche einen selbstbestimmten Umgang mit Daten lernen und diese für gesellschaftspolitische Aktivitäten nutzen können. Der Staat sollte diese Aktivitäten gezielt unterstützen, um auch im Netz Jugendlichen Qualifizierung, Verselbständigung und Positionierung zu ermöglichen.
Sei Produzent*in, nicht (nur) Konsument*in!
#FreiraumNetz18: Der digitale Raum muss auch Freiraum sein! Jugendbildungsarbeit unterbreitet Angebote, die zeigen wie Jugendliche zu Produzent*innen werden können. Dabei sollen Jugendlichen Räume eröffnet werden, in denen sie aktiv die Gesellschaft mitgestalten können.
Transparenz bei Datenspeicherung und -auswertung
#FreiraumNetz18: Unternehmen, deren Daten Einfluss auf die Teilhabechancen aller Bürger*innen oder ausgewählter Gruppen oder Menschen haben, müssen ihre Algorithmen und Analysesysteme veröffentlichen. Nur durch diese Transparenz können Diskriminierungen ausgeschlossen werden. Staatliche Akteure müssen die Veröffentlichungen im Rahmen der Informationsfreiheitsgesetze einfach zur Verfügung stellen. Teilweise müssen die gesetzlichen Rahmen so angepasst werden, dass staatliche Daten noch transparenter werden.
Mit Daten Gutes tun – Aufgabe für die Jugendverbände
#FreiraumNetz18: Jugendverbände sollten Daten gezielt einsetzen – zum Beispiel für Storytelling und Kampagnen. Auf diese Weise können sie Problemlagen anschaulich aufarbeiten, Lösungsvorschläge machen und die Anliegen von Jugendlichen im politischen Raum wirkungsvoller vertreten. Dafür sollten sie das notwendige Knowhow aufbauen und für Engagierte auf alle Ebenen zur Verfügung stellen.
Neue Allianzen für eine jugendgerechte Netzpolitik
#FreiraumNetz18: Um die Digitalisierung jugendgerecht zu gestalten, müssen Jugendlichen und die Fachkräfte in Jugendverbänden, politischer Jugendbildung und allen Feldern der Kinder- und Jugendhilfe aktiv in den Prozess eingebunden und qualifiziert werden. Um Expertise aufzubauen und politisch wirksam zu werden, braucht es neue Allianzen mit der netzpolitischen Zivilgesellschaft.
„Smart youth work“ muss mehr als ein Schlagwort sein
#FreiraumNetz18: Eine smarte Jugendarbeit nutzt die Chancen der Digitalisierung und schlägt so Brücken. Sie trägt dazu bei, gesellschaftliche Werte und Rahmenbedingungen in der digitalen Gesellschaft mit Jugendlichen kritisch zu diskutieren und diese Stimmen im politischen Raum zu verstärken.
Freiheit für Kreativität in der Bildung
#FreiraumNetz18: Das derzeitige Urheberrecht behindert Kreativität und die Arbeit mit digitalen Medien in der außerschulischen Bildung. Wir fordern Regeln, die für eine gemeinnützige, subjektorientierte Bildungsarbeit Ausnahmen zulassen – egal ob in Schule oder außerschulischer Bildung. Um konkret die Erstellung von Remixen, Websites und den Austausch über verschiedene Plattformen zu ermöglichen, braucht es weniger Angst vor Abmahnungen, praktikable Regeln beim Persönlichkeitsrecht und einfache Vergütungssysteme für Open Content.
Open Source – fair produzieren, fair konsumieren, fair handeln
#FreiraumNetz18: Wenn es um fairen Handel mit Hardware geht, klafft zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine Lücke. Daher wollen wir in unserem Arbeitsfeld dazu beitragen, besser über Herstellungsbedingungen zu informieren. Akteure mit Marktmacht – wie Kirchen, Verbände, Bildungsstätten – sind besonders gefordert, bei der Anschaffung auf faire Produktions- und Handelsbeziehungen zu achten.
Veranstalter des Jugend- und Netzpolitischen Forums
Daniela Broda, Arbeitsgemeinschaft der Ev. Jugend in Deutschland (aej), Ingo Dachwitz, netzpolitik.org, Ole Jantschek, Ev. Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung (et), Annika Gramoll, Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Ev. Kirche in Hessen und Nassau (ZGV), Tobias Thiel, Ev. Akademie Sachsen-Anhalt e.V..
Das Jugend- und Netzpolitische Forum wird gemeinsam von der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitischen Jugendbildung (et) und der
Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) verantwortet. 2018 war das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung (ZGV) der EKHN der Gastgeber.