19.06.2015
Arbeit

Schöne neue Arbeitswelt – Wie arbeitet der Mensch im digitalen Zeitalter?

Am Donnerstag, den 18. Juni 2015, tauschten sich Vertreter und Vertreterinnen des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland und rheinland-pfälzische Kirchenvertreterinnen und -vertreter in Mainz über die digitale Arbeitswelt aus.

Schnell noch ein paar dienstliche Mails lesen, während die Kinder nebenan im Wohnzimmer spielen – in der modernen Arbeitswelt verschwimmen die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit. Über die Risiken und die Chancen einer „Schönen neuen Arbeitswelt“ diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der evangelischen Landeskirchen in Rheinland-Pfalz und von Gewerkschaften bei einem Fachgespräch im Julius-Lehlbach-Haus in Mainz. Als Gastgeber begrüßte Dietmar Muscheid, Vorsitzender DGB Rheinland-Pfalz/Saarland, und warb dafür, den Wandel in der Arbeitswelt frühzeitig zu erkennen und im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gestalten.

„Was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ganz neue Freiheiten eröffnet und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durchaus erleichtern kann, birgt gleichzeitig große Risiken und verunsichert die Beschäftigten. Anforderungsprofile und Arbeitsabläufe ändern sich und die Beschäftigten sollen ständig Schritt halten. Neue Formen der Arbeit verlangen deshalb, dass wir über Arbeitsschutz neu nachdenken. Flexible Arbeitszeitmodelle für das Alter, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, offensive Mitbestimmungsmöglichkeiten und nicht zuletzt faire Bezahlung müssen die Leitplanken sein für die Arbeit der Zukunft“, so Dietmar Muscheid.

Industrie 4.0

Rüdiger Dabelow vom Forschungsbereich Innovative Fabriksysteme beim Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH in Kaiserslautern geht davon aus, dass es die ersten volldigitalisierten Fabriken in etwa 10 Jahren geben könnte. Bisher befinden sich viele dafür nötige Prozesse noch im Entwicklungs- oder Versuchsstadium.

Von der Fabrik 4.0 erhofft man sich eine schnellere Reaktion auf Marktbedürfnisse bei der Produktion von Produkten am Standort Deutschland und damit eine größere Konkurrenzfähigkeit.

Der Mensch in der digitalisierten Fabrik

Der Mensch in der Fabrik 4.0 wird für ihn nicht zum Auslaufmodell. Denn es gibt Dinge, die der Mensch besser kann als die Maschine. Beispielsweise kann er komplexe Sachverhalte erkennen und erklären, hat die Gabe der Improvisation und ist lernfähig. Die Maschine hingegen hat ein besseres Gedächtnis und Erinnerungsvermögen, ihre physische Erschöpfung ist geringer.

Die Aufgabe des Menschen in der digitalen Fabrik wird es sein, Daten zu inter-pretieren, bei Störungen einzugreifen und dabei auf digitale Informationen in verschiedenen Formen zurückzugreifen.

Die Gesprächsteilnehmer aus Kirche und Gewerkschaft teilten diese Einschätzung nur bedingt. Sie sorgten sich um die Beschäftigten. „Wenn in Zukunft Maschinen mit Maschinen kommunizieren und Arbeitsplätze gefährdet sind, wäre es besser über eine Reduzierung der Arbeitszeit für alle nachzudenken“, so Pfarrer Oliver Albrecht, Propst für Südnassau.

Auch der von Rüdiger Dabelow erwähnte Standortvorteil wurde angezweifelt: wenn überall entwickelt, produziert und gewartet werden kann, warum sollte dann ein Unternehmen nicht in ein sogenanntes Billiglohnland abwandern?

Mit welchen Konsequenzen ist dann für das Steuer- und Sozialversicherungssystem zu rechnen? Und wie sieht es mit dem Datenschutz für die Mitarbeitenden aus?

Die Kirchen- und Gewerkschaftsvertreter und -vertreterinnen waren sich darin einig, dass der Mensch im Mittelpunkt der Technikfolgeabschätzung stehen sollte. „Da wir das ganze Ausmaß und die Folgen der Digitalisierung in der Arbeitswelt heute noch gar nicht abschätzen können, müssen wir unser Augenmerk besonders auf den Schutz der Menschen im Arbeitsprozess legen. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau unterstützt die Sozialpartner bei dieser Aufgabe“, so der Mainzer Dekan Andreas Klodt.


Margit Befurt
Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN