12.12.2018
Demokratie stärken
Workshop gegen menschenverachtende Einstellungen
Eine rassistische Bemerkung an der Supermarktkasse, eine homophobe Äußerung über gleichgeschlechtliche Paare, ein sexistisches Plakat auf dem eine halbnackte Frau Werbung für Reifen macht. Menschenverachtende Einstellungen, Vorurteile und Stereotype, die Menschen diskriminieren, definieren und ausgrenzen, sind in unserer Gesellschaft kein Randphänomen, sondern weit verbreitet.
Ob im Zug, auf Vereinsfesten, im Betrieb oder beim gemeinsamen Kochabend mit Freunden – diskriminierende Äußerungen fordern heraus: Reagiere ich auf, die bewusst oder unbewusst getroffenen menschenverachtenden Aussage anderer? Mische ich mich ein oder schweige ich?
Was kann ich tun, wenn ich mich sprachlos fühle? Wie kann ich mich überwinden, wenn ich mich nicht getraue einzugreifen?
Mit diesen Fragen setzen sich am 05. Dezember 2018, im Zentrum Verkündigung in Frankfurt, zehn angehende Pfarrer*innen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) auseinander. Die eingeladenen Referent*innen des Netzwerks für Demokratie und Courage (NDC) leiteten die Gruppe dabei an. Ziel des Trainings war es, menschenverachtende Einstellungen zu erkennen, diese zu thematisieren und ihnen argumentativ entgegenzutreten.
„Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass wir mit Frau Dr. Müller vom Ausbildungsreferat der EKHN und Matthias Blöser vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung Unterstützer*innen für unsere Idee gewinnen konnten“, so Julia Marburger, Initiatorin der Veranstaltung.
Das Training eröffnete mit einem Erfahrungsaustausch, in dem die Gruppe die Möglichkeit hatte, von eigenen Erlebnissen zu erzählen und diese zu reflektieren. Neben Erlebtem war auch Raum zur Selbstreflexion: Welche Vorurteile gegenüber anderen stelle ich an mir selbst fest und wie hilft mir diese Erkenntnis eigene Verhaltensmuster zu ändern?
Die beiden Referent*innen des NDC erarbeiteten mit der Gruppe zunächst unterschiedlichste Formen von ausgrenzendem Verhalten und wie sich dieses konstruiert. Leider nicht überraschend: Menschenverachtende Einstellungen begegnen uns in Politik, Arbeitswelt, Ehrenamt und im privaten Umfeld. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Aus politischem Desinteresse, rechtspopulistischer Agitation, fehlenden Informationen oder persönlichen Ressentiments entsteht Diskriminierung mit konkreten Folgen für die Betroffenen.
Der Nachmittag fokussierte sich auf konkrete Argumentations- und Handlungsstrategien. Die Gruppe kam zu dem Ergebnis, dass je nach Situation wohlwollende Strategien wie Überzeugen oder das Gegenüber verunsichern angebracht sind, in manchen Situationen konfrontative Strategien wie Sanktionen aufzeigen, den anderen zum Schweigen auffordern oder andere Menschen mit einbeziehen, hilfreich sein können.
Dies konnte im Anschluss direkt erprobt werden, ein Höhepunkt des Tages: In zwei Rollenspielen stellten sich die Teilnehmer*innen Situationen, die vorher so oder ähnlich erlebt wurden.
Rege diskutierte die Gruppe die eigene Rolle als Pfarrer*innen. Wie und in welcher Form ist es sinnvoll, anderen mit menschenverachtendem Verhalten zu begegnen – auch unter seelsorgerlichen Gesichtspunkten. Einig waren sich die Theolog*innen darin, dass sie als Christen und Christ*innen Position beziehen müssen, wenn die Würde des Menschen herabgewürdigt wird.
Das Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC)
ist ein bundesweites Netzwerk, das von jungen Leuten getragen wird und sich für Demokratieförderung und gegen menschenverachtendes Denken engagiert. Das Hauptaufgabenfeld des NDC ist die Ausbildung von jungen Menschen als Multiplikator*innen und die Durchführung von Projekttagen, Seminaren und Fortbildungen an Schulen, Berufsschulen, Bildungseinrichtungen sowie für viele andere Gruppen.
Lisa Heckmann und Claudia Pisa