Eckpunkte für nationale KI-Strategie – Bundesregierung will Spitzenreiter werden
KOMMENTAR: Im Sommer 2018 veröffentlichte die Bundesregierung ein zwölfseitiges Papier mit Eckpunkten für eine nationale KI-Strategie. Enthalten ist ein Mix aus staatlichen Förderungen für die Wirtschaft und Lockerung des Rechtsrahmens, um der Industrie bei der Entwicklung datenintensiver Technologien auf die Sprünge zu helfen. Dafür möchte die Regierung auch verstärkt öffentliche Daten für Firmen verfügbar machen.
Wissenschaft als Zulieferer der Wirtschaft
Generell wird die KI von der Bundesregierung als ein Bereich gesehen, in dem die Wissenschaft der Wirtschaft zuarbeiten müsse. Das entspricht dem von der Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) jüngst nochmal betonten Wissenschaftsverständnis: Karliczek verwechselt Bildung mit Ausbildung und hält Universitäten und Hochschulen für bloße Zulieferer der Wirtschaft, aus denen vor allem Innovationen generiert werden müssten.Fromme Wünsche
Manche Vorschläge postulieren Wünsche für den künftigen KI-Einsatz, ohne klarzumachen oder auch nur anzudeuten, auf welchem Wege sie erreicht werden könnten. Dazu gehört beispielsweise die Schaffung von „begründetem Vertrauen [in KI-Technologien] auf der Basis transparenter Verfahren und einer Nachvollziehbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger“. Ein frommer Wunsch. Warum sollte bei Unternehmen, die mit KI angereicherte Geschäftsmodelle haben, ein Interesse an „Transparenz“, Nachvollziehbarkeit oder auch nur partiellen Einblicken der Nutzer bestehen?Offene-Daten-Hoffnungen
Die stärkere Nutzung öffentlicher Daten nimmt in den Eckpunkten eine wichtige Rolle ein. Das ist richtig so, denn beim Thema Open Data hinkt Deutschland schon länger hinterher. Im Papier der Bundesregierung heißt es: „Daten der öffentlichen Hand und der Wissenschaft werden verstärkt für die KI-Forschung geöffnet und deren wirtschaftliche und gemeinwohldienliche Nutzung im Sinne einer Open-Data-Strategie (sic) ermöglicht.“ Es fehlt aber eine grundsätzliche Open-Data-Strategie. Auch zeigt die Bundesregierung mit ihrem Vorstoß zur Nutzung persönlicher Daten etwa im Gesundheitswesen wenig Sensibilität für die Gefahren: Denn selbst angeblich anonymisierte Daten lassen sich nur allzu leicht de-anonymisieren. Wer sich fragt, ob in dem Eckpunktepapier der ausgesprochen wichtige Bereich der militärischen KI-Forschung auch nur angesprochen wird, der wird enttäuscht: Mit keinem Wort widmet sich das Papier der Problematik. Die noch immer breit diskutierte Frage der Kooperation ziviler Forschung in KI-Fragen mit den Militärs ignoriert die Bundesregierung komplett. Die Debatte über KI muss öffentlich geführt und Rahmenbedingungen müssen definiert werden. Wir bleiben dran.Zu den Autoren
Alexander Fanta ist EU-Korrespondent für netzpolitik.org in Brüssel. Er berichtet über Datenschutz, Urheberrecht und alles Digitale. 2017 beschäftigte er sich als Stipendiat am Reuters-Institut für Journalismusforschung in Oxford und bei der NZZ in Zürich mit Projekten zum Roboterjournalismus. Kontakt: alexander.fanta@Netzpolitik.org oder unter @FantaAlexx Constanze Kurz ist promovierte Informatikerin, Autorin und Herausgeberin mehrerer Bücher, aktuell zum Cyberwar. Ihre Kolumne „Aus dem Maschinenraum“ erscheint im Feuilleton der FAZ. Sie ist Aktivistin und ehrenamtliche Sprecherin des Chaos Computer Clubs. Sie erhielt den Werner-Holtfort-Preis für bürger- und menschenrechtliches Engagement, den Toleranz-Preis für Zivilcourage und die Theodor-Heuss-Medaille für vorbildliches demokratisches Verhalten. Kontakt: constanze@netzpolitik.orgZum Weiterlesen
Die nationale KI-Strategie der Bundesregierung:https://www.ki-strategie-deutschland.de/home.html netzpolitik.org e. V.:
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