Perspektiefe 45, März 2018
Die Geschichte des zwölfjährigen Jesus im Tempel. Was gefällt Ihnen und euch daran?
Der zwölfjährige Jesus im Tempel
(Lukas 2, 41–52)
(46) Und es begab sich nach drei Tagen, da fanden sie (die Eltern) ihn im Tempel sitzen, mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. (47) Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten. (48) Und als sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Und seine Mutter sprach zu ihm: Mein Kind, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. (49) Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist? (50) Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen sagte.
„Für mich ist es wichtig, dass junge Menschen die Welt mitbestimmen. Allzu oft sind allerdings diejenigen, die Gehör finden, nicht mehr die Jüngsten. Das kann den Eindruck erwecken, dass man sich Gehör verdienen muss: Mit Erfahrung und Alter. Die Geschichte von Jesus im Tempel führt uns vor Augen, dass man sich Gehör nicht immer auf diese Weise verdienen kann – junge Menschen brauchen einen Vertrauensvorschuss, damit ihre Ideen zu einem festen Bestandteil unserer Gesellschaft werden können.”
Julia Pförtner, Studentin
„Jesus interessiert sich für Gott so sehr, dass er alles drum herum vergisst; selbst seine Eltern, mit denen er nachhause gehen sollte. Er wollte unbedingt in den Tempel, weil ihn die Umgebung und Gott so sehr faszinieren. Wenn ich Lego baue, vergesse ich auch oft die Zeit. Jesus steht bei den Lehrern im Tempel und sie hören ihm aufmerksam zu. Die Männer haben die Zeit und die Ruhe. Auch meine Omas und mein Opa haben oft Zeit für mich und wir unternehmen etwas zusammen. Das gefällt mir gut.”
Moritz Schwinn, Schüler
„Der zwölfjährige Junge Jesus spricht auf Augenhöhe mit den erwachsenen Lehrern im Tempel. Denn diese beugen sich nachdenklich oder interessiert zu ihm hinunter oder schauen sitzend zu ihm auf. Durch die Lichtgebung wirkt es gerade so, als umgebe den Jungen eine besondere Aura, die das Interesse und die Neugier der Gelehrten weckt. Ein diskursives Gespräch zwischen den Generationen auf Augenhöhe, das mag es heute noch in familiären Kontexten geben. In anderen Kontexten erscheint dies schon schwieriger. Immerhin: In kirchlichen Zusammenhängen ist die Beteiligung Jugendlicher an der Arbeit im Kirchenvorstand schon einmal ein Anfang.”
Heinz Thomas Striegler, Leiter der Kirchenverwaltung der EKHN
„Lass uns in Ruhe, du verstehst das noch nicht!“ Wer kennt das nicht? Will man als Jüngste(r) mitreden, erfährt man oft Ablehnung oder mitleidige Nachsicht. Kann man sich behaupten, lassen sich einige darauf ein. Andere vermeiden die Diskussion mit der „anmaßenden Jugend“. Ich finde dagegen, man sollte besonders junge Menschen einbinden. Denn die Kinder von heute sind die Erwachsenen von morgen. Es gibt aber viele Teilhabemöglichkeiten. Bestes Beispiel: Sie lesen gerade meinen Beitrag.”
Nina Rack, Schülerin
„Der zwölfjährige Jesus wurde von den angesehensten Gelehrten ernst genommen. Es ging um die Auslegung der Schrift. Wie ernst nehmen wir heute Kinder, wenn es um deren unmittelbaren Lebensinteressen geht? In einer Gesellschaft mit 40 Prozent Scheidungsquote finden sich die betroffenen Kinder eher in einer passiven Opferrolle und nicht als ernst genommene Partner des Geschehens. Die Helmut Mader Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt des Verfahrens zu rücken und ihnen eine lebensbejahende Zukunft aufzuzeigen.”
Helmut Mader, Vorstand der Helmut Mader Stiftung
„Der zwölfjährige Jesus im Tempel: Er hört zu, fragt nach, diskutiert. Ganz selbstverständlich ist der Tempel sein Ort, sein Zuhause: weil er Gottes Kind ist. Mir gefällt der Gedanke, dass wir uns alle bei Gott zuhause fühlen, weil wir seine Kinder sind. Dass wir in unseren Kirchen und Gemeinden, Dekanaten und Einrichtungen einander zuhören, miteinander diskutieren, uns gegenseitig fragen und gemeinsam nach Antworten suchen. Egal wie alt wir sind: Alle sind willkommen und alle tragen etwas bei.”
Ulrike Scherf, stellvertretende Kirchenpräsidentin
„Besonders gefällt uns, dass der alte Mann auf dem Gemälde einen väterlichen Blick auf Jesus wirft, wie wenn er sagen wollte: „Schön, dass du das gesagt hast“. Man gewinnt den Eindruck, dass er dem Zwölfjährigen aufmerksam zuhört, ihn versteht und seine Worte wichtig findet. Wir wünschen uns, dass Erwachsene Kinder und Jugendliche viel häufiger ausreden lassen, nach ihrer Meinung fragen.”
Jugendliche und junge Erwachsene des Jugendpfarramtes Mainz