"Paris muss ein Erfolg werden"
INTERVIEW: Erwartungen an die Weltklimakonferenz von Dr. Jochen Motte, stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Evangelischen Mission (VEM), verantwortlich für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
Das Gespräch führten: Dr. Brigitte Bertelmann und Margit Befurt, ZGV
Warum ist Klimaschutz ein Schwerpunkt der Arbeit der Vereinten Evangelischen Mission?
Motte: 2008 hat die Vollversammlung der VEM beschlossen, Klima- und Umweltschutz zum Schwerpunkt der Arbeit in Deutschland, Asien und Afrika zu machen. Denn jeder Mensch hat ein Recht auf Leben, Ernährung, Wasser und Gesundheit. Diese Menschenrechte werden durch den Klimawandel beeinträchtigt. Für Deutschland entwickelten wir eine Wanderausstellung, die den Zusammenhang von unserem „klimaschädlichen“ Verhalten und den Folgen für die Länder in Afrika und Asien herstellt. Sie macht z. B. das Schmelzen der Gletscher am Kilimandscharo während der letzten hundert Jahre von 20 auf zwei Quadratkilometer deutlich oder zeigt, was in Indonesien passiert, wenn der Meeresspiegel weiter steigt. Wir wollten damit Verhaltensveränderungen anregen, da wir in den Industrieländern für die meisten Emissionen von Treibhausgasen verantwortlich sind.
Gleichzeitig stärkten wir die Umwelt- und Klimaarbeit in den Mitgliedskirchen in Asien und Afrika mit zwei Klimaberatern vor Ort. Aus ihrer Arbeit entstand beispielsweise ein Internationaler Jugendklimaaktionstag. Jugendliche in Indonesien pflanzen beispielsweise Bäume, in Deutschland tauschen Jugendliche vor Supermärkten Plastiktüten gegen umweltfreundliche Taschen aus oder in Kamerun informieren Jugendliche mittels Radiosender über Waldschutzprogramme. Dieser internationale Jugendaktionstag wird nicht zentral gesteuert. Vielmehr machen Jugendliche das, was sie vor Ort am sinnvollsten finden, und tauschen sich über facebook und Internet aus.
Was erwarten Sie vom Weltklimagipfel in Paris?
Motte: Die Staaten müssen in Paris Absprachen über eine nachhaltige Reduktion des CO2-Ausstoßes treffen. Diese müssen verbindlich, spürbar und zeitnah sein. Paris muss ein Erfolg werden. Die entscheidenden Player wie die USA und China müssen mit ins Boot geholt werden. Aber die EU sollte vorangehen. Ich wage noch keine Prognose über den Ausgang des Gipfels. Entscheidend wird der Wortlaut der Verträge sein und die Verbindlichkeit, mit der sie umgesetzt werden.
Was erwarten Ihre asiatischen und afrikanischen Partner vom Weltklimagipfel?
Motte: Viele Menschen im Süden sind mit dem täglichen Überleben beschäftigt. Mit den Folgen des Klimawandels sind sie direkt konfrontiert, wenn es zu Dürren und Überschwemmungen kommt, Taifune über das Land fegen und viele Todesopfer fordern. Dann kommen auch die Forderungen nach Veränderung und die Erwartung, dass der Klimaveränderung Einhalt geboten wird. Staaten im Pazifik-Raum, die durch das Steigen des Meeresspiegels vom Untergang direkt bedroht sind, erheben ihre Stimme in der Weltgemeinschaft. Die Menschen vieler Staaten im Süden sind so mit dem Überlebenskampf beschäftigt, dass sie keine Energie mehr haben, sich auf internationaler Ebene zu engagieren. Ihnen möchten wir unsere Stimme geben. In Deutschland und den anderen Industriestaaten soll sichtbar werden, was die Folgen des Klimawandels in Asien und Afrika anrichten und was Christinnen und Christen aus dem globalen Süden von uns erwarten.
Wie trägt die VEM noch zu mehr Klimagerechtigkeit bei?
Motte: Derzeit ziehen Menschen auf dem Pilgerweg für Klimagerechtigkeit Richtung Paris. Sie zeigen damit ihre christliche Überzeugung, Verantwortung für die Schöpfung wahrzunehmen. Am 24. und 25. Oktober 2015 erreichten sie Wuppertal und wir feierten gemeinsam ein großes Fest.
Die VEM hat einen Materialband mit biblischen Besinnungen, Gebeten, Geschichten aus Afrika, Asien und Deutschland erstellt, die ausdrücken, was es für Christinnen und Christen heißt, die Schöpfung wertzuschätzen und für ihre Bewahrung einzutreten. Das Material ist in mehrere Sprachen übersetzt und kann bei der VEM bestellt werden.
Seit 2008 hat sich in Kirchen im Blick auf das eigene Verhalten schon viel verändert. Ein Beispiel: Indonesien ist der größte Palmölexporteur weltweit. Es gibt auch Kirchen, die Palmölplantagen besitzen. Diskussionen über die Nachhaltigkeit des Palmölbooms wachsen. Immer öfter wird die Frage gestellt, ob man damit nicht die eigene Lebensgrundlage zerstört.
LINKS
Vereinte Evangelische Mission:
Palmölstudie:
www.vemission.org/fileadmin/redakteure/Dokumente/JPIC/Palm%C3%B6l-Studie.pdf
Klimaspiritualität:
www.vemission.org/fileadmin/redakteure/Dokumente/JPIC/Klimaspiritualitaet.pdf