Mobilität als Herausforderung der Gegenwart und Zukunft
INTERVIEW: Vier Fragen an Prof. Knut Ringat, Geschäftsführer und Vorsitzender der Geschäftsführung, Rhein-Main-Verkehrsverbund
Welchen Auftrag hat der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) und wie wird er umgesetzt?
Wir machen die Menschen zwischen Marburg und Odenwald und Limburg und der Rhön mobil. Denn wir stehen für und hinter dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im gesamten Verbundgebiet. Unser Ziel, das uns tagtäglich antreibt, ist, die Menschen mit guten Fahrtangeboten von Bus und Bahn zu überzeugen. Im RMV gilt: ein Fahrplan, ein Fahrschein, ein Fahrpreis, egal ob per Bus, Regionalzug oder U-Bahn. Wir schauen, wo neue Linien entstehen oder wir Innovationen umsetzen können, immer in Abwägung von Kosten und Nutzen. Denn im ÖPNV werden keine Gewinne erzielt. Im Gegenteil decken die Einnahmen aus Fahrkarten die Kosten bei Weitem nicht.
Wie versuchen Sie, Mobilität sozialverträglich zu entwickeln?
Öffentliche Mobilität ist ein sozial-gesellschaftlich sehr wichtiges Element. Uns liegt es am Herzen, öffentliche Mobilität noch größer zu machen für Mensch, Gesellschaft und Klima; und wir haben die Konzepte dafür.
Das Deutschland-Ticket hat geholfen, die Fahrgäste nach der Coronapandemie wieder zurückzuholen. Denn mit dem für Kundinnen und Kunden unschlagbar preisgünstigen Ticket ist das Reisen mit dem ÖPNV finanziell so attraktiv wie nie zuvor. Was ich mir jetzt wünsche, ist Planungssicherheit. Zum einen was den Preis und das Fahrtenangebot angeht, zum anderen, wie wir das mit Bund und Land finanzieren. Denn ein attraktives Fahrtenangebot ist mindestens so wichtig, um Menschen zur ÖPNV-Nutzung zu überzeugen, wie der Preis; das zeigen alle Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen.
Wir setzen uns gemeinsam mit unseren Partnern und Gesellschaftern dafür ein, dass möglichst viele Menschen Zugang zum Angebot haben. Das Land Hessen hat beispielsweise im August 2023 den Hessenpass Mobil für Menschen mit geringem Einkommen eingeführt.
„Ein attraktives Fahrtenangebot ist mindestens so wichtig, um Menschen zur ÖPNV-Nutzung zu überzeugen, wie der Preis.“
Prof. Knut Ringat
Wie fördern Sie Mobilität im ländlichen Raum?
Wir befinden uns mitten im Jahrzehnt des Bauens auf der Schiene, und das zeigt sich nicht nur im Ballungs- sondern auch im ländlichen Raum. Hier haben wir im RMV diverse Vorhaben in der Umsetzung, wie bespielweise die Reaktivierung von Strecken im ländlichen Raum.
Mit Expressbus-Linien in der Region und um Frankfurt herum gibt es im RMV ergänzend zum Schienenangebot auch auf der Straße viele attraktive regionale Verbindungen mit kurzen Fahrtzeiten und direkten Fahrwegen.
Als Ergänzung zu Bus und Bahn besonders attraktiv im ländlichen Raum sind „On-Demand Shuttles“. Im RMV ist mit mehr als 150 Fahrzeugen die größte Flotte Deutschlands unterwegs. Flexibel per App buchbar fahren die elektrischen Kleinbusse bereits in zehn unterschiedlichen Gebieten.
Die nächste Ausbaustufe bahnt sich schon an: autonome Fahrzeuge. Ohne Fahrpersonal lässt sich On-Demand-Verkehr perspektivisch ergänzend zu klassischen Linienverkehren anbieten. Deshalb testen wir im RMV gemeinsam mit Projektpartnern autonome Mobilität im ÖPNV, wie derzeit mit dem Pilotprojekt KIRA („KI-basierter Regelbetrieb autonom fahrender On-Demand-Verkehre“).
Inwieweit ist Intermodalität ein Thema?
Die Verknüpfung von Verkehrsmitteln bringt Chancen für mehr geteilte, öffentliche Mobilität. Der RMV treibt das schon seit vielen Jahren voran. In unserer App RMVgo lassen sich Sharing-Angebote anzeigen, von Fahrrädern über E-Scooter bis hin zu Carsharing. Einmal ein passendes Angebot gefunden, zum Beispiel, um mit dem Leihfahrrad zur Bahn zu fahren, braucht es nur einen Klick, um zum Buchungsvorgang zu gelangen. Neben einer Ausweitung des klassischen ÖPNV und neuen Mobilitätsformen wie On-Demand-Angeboten spielt Intermodalität eine zentrale Rolle für die Mobilitätswende.