3 Fragen an junge Menschen
NACHGEFRAGT: Die Redaktion von perspektiefe wollte wissen:
1. Was lässt dich manchmal verzweifeln und was tust du dagegen?
2. Woraus schöpfst du Kraft und Hoffnung?
3. Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ali, 16 Jahre
1. Ich mache mir keine Sorgen, Kriege gab es schon immer und das Eis in der Antarktis wird nicht überall weniger, sondern wächst auch an manchen Stellen. Wir Menschen sind nicht so mächtig, wie oft getan wird, die Natur hält das aus. Ein wenig Sorgen mache ich mir darüber, ob ich ein Studium schaffe oder es zu viel wird. Und ich mache mir Gedanken über die Wahlergebnisse, ich musste schon als Kind Mobbing aufgrund meiner Herkunft erfahren und mache mir Sorgen, wie sich das weiterentwickelt.
2. Ich habe vor allem meinen starken Glauben, meine Religion, die mich trägt, und solang ich daran glaube, muss ich vor nichts Angst haben. Ich bin dankbar, dass ich hier in meinem Umfeld so gut von meinen deutschen Mitbürgern angenommen werde, ich bin hier geboren und fühle mich mehr mit Deutschland als mit der Türkei verbunden.
3. Ich möchte mal Ronaldo treffen und das Stadion in Madrid besuchen, Autogramme sammeln. Für die Zukunft wünsche ich mir eine tolle Familie, dass ich mir eine Wohnung leisten kann, einen guten Job habe. Ich möchte als guter Mensch leben, ein besserer Moslem werden und nach dem Leben ins Paradies kommen.
(Foto: Tini Eifert)
Angela, 23
1. Wenn jungen Menschen vorgeworfen wird, sich nicht für Politik und die Gesellschaft zu interessieren. In meiner Wahrnehmung ist genau das Gegenteil der Fall. Ich versuche dann, mit der Person ins Gespräch zu kommen und die Gründe für diese Aussage zu erfahren. Meistens basieren diese auf Vorurteilen.
2. Aus Gesprächen mit Menschen, die anderer Meinung sind als ich. Das hört sich paradox an, doch ich finde es bereichernd, über meinen eigenen Tellerrand hinauszuschauen und einen Weg zu finden. Das zeigt mir, dass es möglich ist, Kompromisse zu finden und einen gemeinsamen Schritt nach vorne zu wagen.
3. Ich wünsche mir, dass die Stimme von jungen Generationen gehört wird und dass ein generationenübergreifendes Miteinander, auch mit Meinungsverschiedenheiten, möglich ist. Und dass wir Menschen wieder anfangen, uns gegenseitig besser zuzuhören und versuchen, einander zu verstehen.
(Foto: privat)
Maya, 26 Jahre
1. Mir macht die Akkumulation von Ressourcen durch Reiche Angst, die dadurch immer reicher werden und die Lebensgrundlage aller Lebewesen zerstören. Die Verschmutzung des Trinkwassers, das Absterben der Meere und der Wälder und anderer Ökosysteme und die Unumkehrbarkeit dessen.
2. Mir gibt es Hoffnung, wenn ich mit mutigen und kreativen Menschen zusammen bin und wir uns gemeinsam dagegen wehren. Wenn Leute mit mir kämpfen, egal wie aussichtlos es erscheint, und wir gemeinsam weiter machen.
3. Ich wünsche mir, dass mehr Menschen lernen, was Solidarität bedeutet und diese praktizieren. Am schönsten wäre es, wenn eine antikapitalistische Gegenbewegung stark genug wird und Leben auf diesem Planeten noch als Möglichkeit bestehen bleibt, und zwar nicht nur für Reiche sondern für alle.
(Illustration: Maya)
Anonym, 15 Jahre
1. Ich mache mir keine großen Sorgen. Ich bin jung und hab Kraft. Die Welt ist groß genug, wenn es hier nicht klappt, geh ich woanders hin, lerne die Sprache, wenn man muss, geht das schnell. Das Einzige, was der Welt schaden könnte, ist das immer weitere Anwachsen der Menschheit, aber noch ist die Welt groß genug. Ein bisschen Gedanken mache ich mir darüber, ob ich aufgrund meiner Hautfarbe nicht den Beruf erlernen kann, den ich gerne machen möchte.
2. Alles wird immer einen Anfang und ein Ende haben, das muss man akzeptieren. Hoffnung geben mir die Menschen um mich herum, die mich genauso als Deutschen sehen, wie sich selbst. Meine Heimat ist hier, und wenn das manche anders sehen sollten, kann ich dagegen was machen, schützen uns Gesetze, zum Beispiel vor Diskriminierung.
3. Ich möchte gerne einen Wolf zähmen oder mal alleine in einer Hütte in der Einsamkeit wohnen. Ich möchte auch gern immer Sport machen können, auch wenn ich alt bin, ich finde das gehört dazu.
Nico, 19 Jahre
1. Manchmal kommt es vor, dass ich über verschiedene Sachen ins Grübeln gerate. Besonders zum Verzweifeln ist es dann, wenn man zu keinem klaren Ergebnis oder Ziel kommt. Immer wenn so etwas vorkommt, denke ich an den Satz aus der Bibel „Ihr seid von aller Knechtschaft befreit“ und oft merke ich danach, dass es mir überhaupt nicht mehr so schwerfällt, alle Gedanken an Gott abzugeben und ruhiger zu werden.
2. Ich schöpfe Hoffnung und Kraft daraus, dass ich weiß, dass es Jesus Christus tatsächlich gibt und er immer da ist. Vor etwa 4 Jahren habe ich als Atheist Jesus um ein Zeichen gefragt. Einen Tag später habe ich ein klares Zeichen bekommen, dass es Christus wirklich gibt.
3. Dass ich im Glauben wie auch von meiner Art her wachse.
(Foto: Jugendwerkstatt Gießen)
Leonie, 24 Jahre
1. Ganz ehrlich, ziemlich viel. Manchmal versinke ich richtig im Weltschmerz. Zum Beispiel bei Themen wie Sexismus, Queerfeindlichkeit oder wenn Glaube missbraucht wird, um Menschen zu manipulieren oder zu diskriminieren. Aber nichts lässt mich so sehr verzweifeln wie die Prognosen zur Klimakatastrophe.
2. Das Stichwort ist Selbstwirksamkeit. Ich weiß, dass das oft nur ein Gefühl ist und keine richtige Veränderung. Aber wenn ich Dinge tue, bei denen ich mein Wirken spüren und sehen kann, weiß ich, dass ich mit der Ohnmacht der Verzweiflung umgehen kann. Das ist dann zum Beispiel das Ehrenamt.
3. Eine Welt, die nicht kaputt, faschistisch und voller Angst und Ungerechtigkeit ist. Eine Welt, in der ich mich wieder traue zu träumen. Manchmal fühlt es sich unerreichbar an, aber manchmal kann ich diese Welt auch atmen hören. Leise und vorsichtig, nicht mehr wie ein Windhauch, aber spürbar und real.
(Foto: y. ejhn)