Netze des Lebens
EINFÜHRUNG: Umweltschutz bezieht sich auf alle untereinander vernetzte Lebensgrundlagen. Die Umweltdiskurse der vergangenen Jahrzehnte waren jedoch dominiert vom Thema anthropogen induzierter Klimawandel. Die bedrohliche Dimension der Biodiversitätsverluste gewann erst spät öffentliche Aufmerksamkeit. Die langfristig verheerenden Folgen der weltweiten Bodendegradierung werden nach wie vor stark ignoriert.
von: Dr. Maren Heincke, Referat Stadt- und Landentwicklung des ZGV, m.heincke@zgv.info
Es handelt sich jedoch um eine globale Dreifachkrise. Zerstörung von Klima, Böden und Biodiversität sind kausal sehr eng miteinander verbunden – u. a. über Landnutzungsänderungen der restlichen naturnahen Ökosysteme in Agrarflächen. Beispiele dafür sind Regenwaldabholzung, Moorentwässerung oder der Umbruch von Savannen. Inmitten der sechsten großen Aussterbewelle sterben täglich geschätzt 150 Arten unwiderruflich aus. Zwei Drittel der agrarisch genutzten Böden sind geschädigt und übernutzt. Von den wenigen Zentimetern fruchtbaren Bodenschichten hängen jedoch 95 Prozent der weltweiten Lebensmittelproduktion ab. Die riskante Ressourcenzerstörung führt zu extrem negativen ökologischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen und auch gesundheitlichen Folgewirkungen. Ganzheitliche Lösungsansätze müssen deshalb Boden-, Biodiversitäts-, Klima- und Gesundheitsschutz in Form von resilienten Mehrgewinnstrategien adressieren.
Die wichtigsten globalen Umweltprobleme sind seit über 50 Jahren bekannt und wissenschaftlich detailliert untersucht. Das internationale „Washingtoner Artenschutzabkommen“ stammt von 1973. Im Jahr 1975 wurde das „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“ beschlossen. Die „Wüstenkonvention“ zur Vermeidung und Verhinderung von Desertifikation und Landdegradation wurde 1994 von der UN verabschiedet. Die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele nehmen u. a. Umwelt- und Gesundheitsthemen gemeinsam in den Blick. Die Grundproblematiken haben je nach Staat selbstverständlich eine sehr unterschiedliche Ausprägung.
In Deutschland sind die Gesundheitsstandards bisher im Allgemeinen hoch und es wurden seit den 1970er-Jahren große Erfolge in der Umweltpolitik erreicht, z. B. bei Luftreinhaltung und Abwasserreinigung. Daneben gibt es jedoch stark vernachlässigte umweltrelevante Konfliktfelder. Biodiversitäts- und Bodenschutz gehören dazu. Die gelungene Wiederansiedlung einzelner bedrohter Arten oder zahlreiche Altlastensanierungen können die überwiegend negative Gesamtbilanz nicht verdecken. Problemfelder sind z. B. der schlechte Erhaltungszustand der deutschen Naturschutzgebiete, Rückgang der Populationen auch von „Allerweltsarten“ in Kulturlandschaften, invasive Arten, der Verlust agrargenetischer Ressourcen. Beim Bodenschutz sind neben dem ungebremsten massiven Flächenverbrauch Themen wie Erosion, Bodenkontaminationen oder nachlassende Bodenfruchtbarkeit wichtig.
Der dauerhafte Erhalt einer großen Artenvielfalt sowie lebendiger Böden sind essenziell für Ernährung, Gesundheit und Wohlergehen des Menschen – und somit im wohlverstandenem Eigeninteresse. Ohne gesunde Pflanzen und Tiere, ohne saubere Böden und Wasser gibt es kein menschliches Leben in Würde.