After-Work-Gespräche: „Wenn Worte nicht mehr reichen!“
Sebastian Hamann, Mitglied im Landesvorstand der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) berichtete von seinen Erfahrungen als Zugbeleiter. Bei der Bahn träfen mehrere Besonderheiten zusammen. Für einen Zugbeleiter seien die Konfliktsituationen vorprogrammiert. Bereits normale Fahrkartenkontrollen sind manchen Fahrgästen schon zu viel, berichtete Hamann. Wenn dann noch der Fahrausweis fehlt, ist der Konflikt und vielleicht der Übergriff da. Eine Deeskalation sei im Zug aber nur schwer zu machen. Auch Unterstützung durch die Polizei sei zeitnahe nur selten möglich; die Bundespolizei sei deutlich unterbesetzt, stellte Hamann fest. Allein im Netz der Deutschen Bahn wurden im letzten Jahr mehr als 2000 Körperverletzungen aktenkundig. Die Dunkelziffer dürfe viel höher ausfallen. Nur wenige Anzeigen würden letztendlich geahndet. Manche Kontrolleure hätten hier eine Hemmschwelle, was er gut nachvollziehen könne. „Sie überlegen es sich zweimal, ob sie Anzeige erstatten, wenn sie damit rechnen müssten, am nächsten Tag dem Täter alleine im Zug oder auf dem dunklen Nachhauseweg zu begegnen. Lösungsansätze sieht er darin, besonders in den Randzeiten im Einsatz von zwei Zugbegleitern im Team, von sogenannten Bodycams sowie Deeskalationstrainings und Präventionsschulungen für die Mitarbeiter.Körperliche und verbale Attacken werden heute von den Dienststellen viel konsequenter verfolgt
Uli Bohland von der Mainzer Berufsfeuerwehr berichtete über seine Erfahrungen bei der Feuerwehr und im Rettungsdienst. Alle „Blaulichtberufe“, wie Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst seien in unterschiedlicher Weise mit Gewalt konfrontiert, stellte er fest. Nach seinen Beobachtungen habe sich die Situation allerdings in den letzten Jahren verbessert. Grund sei, dass „körperliche und verbale Attacken gegen Mitarbeiter heute von den Dienststellen viel konsequenter verfolgt würden. Das schrecke ab!“ Bei der Feuerwehr der Stadt Mainz sei eine gute Sorge des Arbeitgebers um die Mitarbeiter gegeben. Auch das entlastende Miteinander, die kollegiale Hilfe am Arbeitsplatz werde gefördert. Auf eine besondere Form psychischer Gewalt wies Bohland hin, wenn die Rettungskräfte und auch die Kollegen der Bahn mit schlimmen Unfall- und Selbstmordsituationen konfrontiert sind. Auch wenn Kinder Opfer seien, sei eine Nachsorge besonders wichtig, damit es nicht zu psychischen Spätfolgen bei den Mitarbeitern komme.
Präventive Maßnahmen sind erforderlich, damit es an Spieltagen erst gar nicht zu Gewalt kommt
Ben Praße ist seit sechs Jahren als hauptberuflicher Fanbeauftragter des Fußballvereins Mainz 05 tätig. Er stellte fest, dass der Fußball ein unheimlich emotionaler Bereich sei. Gewalt gäbe es vor allem verbal. „Macht sie platt, schießt sie aus der Stadt“ oder „Schiri, wir wissen wo dein Auto steht“ seien so Sprüche, die immer wieder im Chor gerufen werden. Aggression sein vorhanden, nicht nur auf den Rängen, sondern auch auf dem Platz. „Nicht umsonst haben Schiedsrichter die Rote Karte, die sie bei Verstößen ziehen können.“ Entgegen der Wahrnehmung seien die gewalttätigen Auseinandersetzungen von Fans eindeutig rückläufig. Dies belegten die Zahlen. Seine Aufgabe beschrieb er in der Kooperation mit den Fans, den Ordnungs- und Rettungskräften. Es gelte präventive Maßnahmen zu ergreifen, damit es an Spieltagen erst gar nicht zu Gewalt kommen könne. So müssten die Anreisewege beachtet und eine Trennung der Fangruppen erfolgen. Eine Vision von Fußball ohne Aggression hält Ben Praße für nicht realistisch. Aber es sei möglich, Auswüchse einzudämmen. Als eine Ursache machten die Gesprächsteilnehmer den Alkoholkonsum aus. Dies spiele natürlich immer eine Rolle, räumt Praße ein, aber entscheidend sei oft das Aufschaukeln der Emotionen, die dann zu heftigen Auseinandersetzungen führen könnten. Dennoch hält Ben Praße von einem generellen Alkoholverbot im Stadion wenig. Das Problem sei, dass sich die Leute dann schon auf dem Anreiseweg betrinken. Konflikte sind schon beim Einlass vorprogrammiert.