Populismus als Herausforderung für die Region
„Kirchen und Gewerkschaften teilen gleichermaßen die Herausforderung, allen Aussagen zu widersprechen, in denen menschenverachtende und ausgrenzende Tendenzen zum Ausdruck kommen." Mit dieser Feststellung brachte der Propst für Rheinhessen und Nassauer Land, Dr. Klaus-Volker Schütz, die Motivation all derer auf den Punkt, die sich am vergangenen Freitag im Mainzer Julius Lehlbach-Haus des DGB trafen.Das zweite Jahresgespräch der Evangelischen Kirche und der Gewerkschaften in Rheinhessen stand unter dem Titel „Rechtspopulismus in Rheinhessen“. Eingeladen hatten Susanne Wagner, Geschäftsführerin des DGB, Region Rheinhessen-Nahe, und die Referentin Arbeit und Soziales im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN, Heike Miehe.
Zahlreiche Vertreter der Gewerkschaften wie der Evangelischen Dekanate und des Zentrums Gesellschaftliche Verantwortung waren gekommen, um sich über ihre Wahrnehmungen und Erfahrungen auszutauschen. Grundsätzlich sei zu beobachten, so Propst Schütz, dass „für uns in Rheinland-Pfalz die gesellschaftliche Debatte schärfer wurde, als die AfD in den Landtag eingezogen ist“.
Einerseits präsentiere sich die AfD den Kirchen gegenüber wie eine zu den konservativen Werten zurückgekehrten CDU. Auf der anderen Seite habe die AfD z. B. den Mord an einer Jugendlichen in Kandel für ihre eigenen Zwecke politischen instrumentalisiert. In Worms sei die AfD ähnlich vorgegangen. Dies sei erschreckend, und der Propst schlussfolgerte: „In bestimmter Hinsicht ist der Populismus wie ein Wolf
im Schafspelz, dem man auch und gerade nicht trauen darf, wenn er sich auf angeblich „christliche“ Traditionen bezieht“.
Kai Partenheimer, Gewerkschaftssekretär der DGB-Region –Rheinhessen-Nahe, gab den Gesprächsteilnehmern
einen informativen Überblick über die Verbreitung und Wirkung des Rechtspopulismus in Rheinhessen. Um die kritische Haltung der AfD gegenüber Kirche und Gewerkschaften zu illustrieren, zitierte Partenheimer den AfD-Politiker Björn Höcke, der den Gewerkschaften, „Altparteien“ und der „Angstkirche“ 2017 vorwarf, „unser liebes deutsches Vaterland“ aufzulösen „wie ein Stück Seife unter einem lauwarmen Wasserstrahl“.
Angesichts der von Partenheimer geschilderten zunehmenden Popularität rechtspopulistischer Parolen, zu denen u. a. die Forderung nach einem starken Führer gehöre, wies Ömer Kirli als Vertreter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie auf die Gefahr hin, dass bei der anstehenden Europawahl die rechten Parteien zur zweitstärksten Kraft im Europaparlament werden könnten und damit eine Fraktion, die sich vom europäischen Gedanken eigentlich verabschieden will.
Die Gesprächsteilnehmer stimmten daher der Forderung der Dekanin des Evangelischen Dekanates Alzey, Susanne Schmuck-Schätzel, zu, dass auch die Kirche eine klare Stellung zur Europawahl beziehen sollte.
Matthias Blöser vom Projekt „Demokratie stärken“ des Zentrums Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN bestätigte, dass man von Seiten der Landeskirche in Kooperation mit Partnerkirchen einen Wahlaufruf für die Europawahl vorbereite.
Gisela Apitzsch, Referentin für Gesellschaftliche Verantwortung des Evangelischen Dekanates Mainz, sprach sich dafür aus, dass je mehr die AfD fordere, dass Kirche sich aus der Politik heraushalten solle,
„um so lauter ihre Stimme erheben müsse“.
Gleichzeitig sprach sich der Dekan des Evangelischen Dekanates Worms-Wonnegau, Harald Storch, dafür aus, das Netzwerk des verantwortungsvollen Austauschs zwischen den Gewerkschaften und der Kirche, wie es sich bei den jüngsten Ereignissen in Worms bewährt habe, weiter ausgebaut werden sollte.
Hilke Wiegers, Öffentlichkeitsarbeit des Dekanates Ingelheim-Oppenheim