Herzlich Willkommen im Betrieb – Kulturelle Vielfalt im betrieblichen Alltag
Wie kann kulturelle Vielfalt im Betrieb gelingen? Welche Diversity-Konzepte sind für kleine und mittlere Unternehmen geeignet? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des dritten After-Work-Gesprächs 2016, das vom Referat Berufs- und Arbeitswelt im Bistum Mainz, dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung, dem Initiativausschuss Migrationspolitik und dem DGB Rheinland-Pfalz/Saarland ausgerichtet wurde.Gülsah Tunali, die Leiterin des Kompetenzzentrums kulturelle Vielfalt des DGB-Bildungswerks, betonte in ihrem Vortrag die Chancen, die eine kulturelle Öffnung für Betriebe haben kann: Die Spannbreite reicht von der Erschließung neuer Kundenkreise und damit zu Vorteilen im Wettbewerb um Märkte, Aufträge und Personen, bis hin zu einer Steigerung der Arbeitsplatzattraktivität, wenn der Betrieb ALLE Beschäftigten wertschätzt.
Um Beschäftigte mit Migrationshintergrund - oder demnächst auch Flüchtlinge - erfolgreich in den Betrieb zu integrieren, müssten viele Zahnräder ineinandergreifen, so die Referentin. Zu beachtende Faktoren seien dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen, etwa der Aufenthaltsstatus, aber auch unternehmensspezifische Besonderheiten wie zum Beispiel Schicht- oder Wochenendarbeit.
Das vorgestellte DGB-Konzept „Managing Diversity Plus“ berücksichtigt gegenüber anderen Konzepten zusätzlich Mitbestimmungsrechte und stärkt die gemeinsame Verantwortung von Unternehmensleitung und Betriebsräten bzw. Belegschaften bei der Weiterentwicklung betrieblicher Prozesse. Es ermöglicht ein ganzheitliches „Managen von Vielfalt“ durch sich ergänzende Ansätze von Führung und Belegschaft und sieht sich im Zusammenhang mit Antidiskriminierung und Gleichbehandlungsprozessen.
Ob dieses Konzept auch auf kleine und mittelständige Unternehmen übertragbar ist, beurteilte Peter Seliger, Betriebsratsvorsitzender der Chemischen Fabrik Budenheim KG. Bei einem weltweit agierenden Unternehmen seien Offenheit und Vielfalt selbstverständlich und der Mensch stehe im Mittelpunkt, berichtete Seliger. Gute Erfahrungen habe man etwa mit Austauschprogrammen gemacht, bei denen Beschäftigte aus Werken im Ausland für 12 Monate nach Deutschland eingeladen wurden. Konkrete Maßnahmen, die in der Chemischen Fabrik Budenheim längst umgesetzt würden, seien Sprachkursen, damit ein Austausch unter Kolleginnen und Kollegen überhaupt erst entstehen kann, aber auch niedrigschwellige Angebote wie Fußballturniere, um die ausländischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch außerhalb der Arbeitszeit in die Gesellschaft zu integrieren.
Ashraf El Washay, Flüchtlingsnetzwerker der Handwerkskammer Rheinhessen, stellte fest, dass sich kleine Betriebe besonders für die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt eignen, weil hier die Kommunikationswege kürzer und verbindlicher seien. Nicht selten kümmert sich der Chef auch persönlich um den Flüchtling. Mit Bedauern stellt El Washay jedoch fest, dass es oft schwierig sei, Flüchtlinge von einer Ausbildung zu überzeugen. Der Grund: Eine dualen Ausbildung kennen viele Flüchtlinge nicht und verkennen deshalb die Chance, die sie damit auf dem Arbeitsmarkt haben. Hier sei grade bei jungen Menschen noch viel Aufklärungsarbeit notwendig. Die meisten geflüchteten Menschen wollten möglichst schnell in ein Arbeitsverhältnis und nähmen dafür auch in Kauf, dass dieses schlecht bezahlt ist.
Im Laufe der Diskussion wurden viele positive Beispiele aufgezählt, wie Integration von Migrantinnen und Migranten gelingen kann. In dem einen Betrieb beispielsweise werden Dienstpläne so gestaltet, dass alle davon profitieren. So übernehmen muslimische Beschäftigte die Dienste an Weihnachten und christliche Beschäftigte mehr Dienste im Ramadan. Aber auch die Hemmnisse einer funktionierenden Integration wurden klar benannt. Oft finden sich ausländische Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen wieder und auch das unterschiedliche, kulturelle Rollenverständnis der Frau birgt oft Konfliktpotential. Ebenfalls wurde von Konflikten zwischen unterschiedlichen Migrationsgruppen im Betrieb berichtet. Ein besonderes Hemmnis stellt aber nach wie vor die Rechtsunsicherheit bei Aufenthaltsstatusfragen dar - kleine Betriebe sind mit der Klärung eines Status bzw. mit dem Einsatz für die Anerkennung eines Flüchtlings vielmals überfordert.
Eine besondere Herausforderung für Kirchen und für Gewerkschaften wird es sein, die Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund auch für die betriebliche Mitbestimmung zu begeistern. Ziel muss sein, dass Migrantinnen und Migranten in GUTE Arbeit kommen und nicht als billige Arbeitskräfte (aus)genutzt werden.
Susanne Wagner, DGB Rheinbland-Pfalz/Saarland