Die Zukunft liegt in einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung
Tropische Temperaturen draußen - hitzige Debatten drinnen. Wie wichtig eine flexible Arbeitszeitgestaltung für die Gesundheit und die Bedürfnisse der Beschäftigten ist, stand bei der zweiten Veranstaltung der Reihe "Gesund bleiben im Job" im Vordergrund, die vom DGB in Rheinland-Pfalz, dem Referat Berufs und Arbeitswelt im Bistum Mainz und dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ausgerichtet wird.Ein spannender Erfahrungsaustausch zwischen Kirchenvertretern und Betriebs- und Personalräten brachte erstaunliche Ergebnisse, was alles im Bereich der Arbeitszeit möglich ist - mit positiven Effekten für Beschäftigte und Unternehmen.
Zu Beginn ihrer Ausführungen skizzierte Lucie Perrot von „berufundfamilie gGmbH - Eine Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung“, wie sehr sich einerseits das Erwerbsleben verändert hat, auf der anderen Seite sich aber auch familiäre Lebensformen gewandelt haben. Da stehen erhöhte Anforderungen an die Flexibilität oder Mobilität der Beschäftigten, eine Verdichtung der Arbeit und eine erhöhte Anzahl an prekären Beschäftigungsverhältnissen einer zunehmenden Familienorientierung der Männer, einem Anstieg der Pflegebedürftigkeit und neue Familienkonstellationen gegenüber. Das alles führt zu besonderen Herausforderungen für Beschäftigte und Unternehmen, wobei der Arbeitszeitge-staltung eine zentrale Bedeutung für die Vereinbarkeit zwischen Familien- und Erwerbsarbeit zukommt. „Bei einem Arbeitnehmer, der nicht sofort aufspringt, wenn es heißt, dass der Vater einen Schlaganfall erlitten hat, bei dem läuft gewaltig was schief,“ betont Lucie Perrot und erklärt weiter, „auf solche Fälle muss ein Unternehmen flexibel reagieren, ansonsten verliert es den oder die Mitarbeiter/in.“Unter den vielen Praxisbeispielen, die Perrot in ihrem Vortrag vorstellte, fand ein Beispiel besonderes Interesse: Die Kreissparkasse Esslingen zeigte auf, wie es gelingen kann, Facharbeiter/innen lange und gesund am Arbeitsplatz zu halten. Der Anreiz, den die Sparkasse gibt, ist folgender: Wer mit 55 Jahren die Arbeitszeit um mindestens 20 Prozent reduziert, erhält auf das entsprechend gemäßigte Gehalt einen finanziellen Aufschlag von 8 Prozent. Wer ab 60 Jahren die Arbeitszeit um mindestens 40 Prozent reduziert, erhält einen Aufschlag von 10 Prozent. „Sie glauben gar nicht, wie sehr dieses Angebot angenommen wurde“, bilanzierte Perrot und wies damit auf die Sicherung der Fachkräfte für die Sparkasse in Esslingen hin. Auch die Ausführungen von Karsten Volkmann, dem Betriebsratsvorsitzenden von Eckes-Granini in Nieder-Olm, zeigten, dass die Zukunft in einer flexiblen Handhabung der Arbeitszeiten liegt: „Wir haben keine Kernarbeitszeit, bei uns kann man zwischen 6.30 Uhr und 19.30 Uhr anfangen und wir bekommen die Rückmeldung, dass dies den Beschäftigten am meisten nützt.“ Ebenfalls gute Erfahrungen hat Volkmann mit der Einführung einiger Serviceangebote für die Beschäftigten gemacht. So wurde ein Spielzimmer eingerichtet, das von Kindern berufstätiger Elternteile genutzt werden kann, wenn ein Betreuungsproblem entsteht. „Gerade in Zeiten des Kitastreiks war uns dieses Angebot von großem Nutzen, denn wir mussten auf keine Mutter oder keinen Vater verzichten.“ Gut angenommen wird auch ein Apothekerservice oder die Möglichkeit, Päckchen oder Pakete im Betrieb zu empfangen oder zu versenden. „Das erspart den Beschäftigten den Druck, zu bestimmten Öffnungszeiten an einem bestimmten Ort zu sein.“ Ein Bügelservice für Wäsche allerdings, der Eckes Granini seinen Beschäftigten anbot, wurde bislang noch nicht nachgefragt. Susanne Wagner, DGB Rheinland PfalzDas nächste After Work Gespräch zum Thema Ganzheitliches Gesundheitsmanagement findet am 16. Juli von 17.30- 19.30 Uhr im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung zum Thema Ganzheitliches Gesundheitsmanagement statt. Der Arbeit ein gesundes Maß geben, Themenheft des Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt, Mai 2015